Samuel Zuder – Face to Faith

Schreibe einen Kommentar
Verwirklichen

Als der Freund in einem Iraner Hospital stirbt, macht sich der Ich-Erzähler zu einer mystischen Reise ins Zentrum des Universums auf. Er will den heiligen Berg Kailash im Tibet besuchen, um sein aus den Fugen geratenes Leben wiederherzustellen. Die Literatur kann Anstoß sein, dann, wenn sie Sehnsuchtsziele für den Leser erwachsen lässt, die dieser mit eigenen vagen Phantasien füllt. Für Samuel Zuder erstrahlt ein solcher Sehnsuchtsort aus der Lektüre von Christian Krachts „1979“, in dem die Hauptfigur mit der Umwanderung des Berges zu Läuterung gelangen will. Als er über den Kailash liest, ist Samuel Zuder wie magnetisiert. Fast scheint es so, als rufe dieser Ort nach ihm.

So fängt der Text an, den ich dem opulent gestalteten Buch „Face to Faith“ von Samuel Zuder beigesteuert habe. Als der Hamburger Fotograf mich bat, an seinem Projekt teilzuhaben, war ich geehrt, aber zögerte zugleich. Die Voraussetzungen für einen Text schienen mir wenig optimal, da ich kaum Bezug zu Ort oder Thema hatte. Als ich dann aber den Blick auf die Fotoserie warf, fremdelte ich nicht, sondern ließ mich umgehend mitreißen. Die Arbeiten sind sogartig, eine Faszination für Protagonisten und Topographie ergriff mich. Und je mehr ich darüber zu lesen begann begann, desto mehr konnte ich nachvollziehen, warum ein Ort wie dieser Sehnsüchte heraufbeschwört.

 

 

Samuel Zuder weiß allerdings viel über den Ort, den er zu seinem fotografischen Projekt machen will. Er recherchiert ausgedehnt, plant, generiert Gelder, sucht einen Assistenten, holt Genehmigungen ein, bevor er dann 2012 endlich zum Kailash in der tibetischen Region Ngari im Gangdise-Gebirge aufbrechen kann, das lange Zeit als eines der unzugänglichsten Gebiete der Welt galt. Seit Jahrhunderten nehmen Pilger extreme Strapazen auf sich, um erst einmal den heiligen Berg zu erreichen. Einmal dort angekommen, umlaufen sie den Kailash auf einem 53 km langen, beschwerlichen Weg. Erleuchtung wird demjenigen in Aussicht gestellt, der diese Umrundung hundertachtmal vornimmt.

Samuel Zuder, mit einer schweren 4 x 5  Plattenkamera, Stativ und zahlreichen Planfilmkassetten im Gepäck, begibt sich in das unwegsame Gelände. Er verfolgt keine spirituellen Ziele, sondern hat ein klares fotografisches Konzept, das er in der kalkulierten Zeit umsetzen möchte. Dazu müssen alle Unwägbarkeiten überwunden werden – und sei es nur die schwierige Wetterlage. Aber es klappt und er entwickelte zwei Ansätze, die er im Buch später nebeneinander stellt und die sich angenehm organisch zusammenfügen. So platziert er sich an verschiedenen Stellen des Weges und bittet die vorbeiwandernden Pilger vor die Kamera. Erstaunlicherweise lassen sich diese bereitwillig darauf ein, für viele ist es tatsächlich eine willkommene kurze Unterbrechung von den Strapazen eines beschwerlichen Wegs, der an höchster Stelle auf 5700 Metern Höhe liegt.

Der Fotograf fängt Porträts ein, die uns viel über die Protagonisten und die Intensität dieses wichtigen Moments in ihrem Leben erzählen. Diese Porträts kombiniert der Fotograf mit den „Porträts“ des Kailash, der sich vielgestaltig präsentiert. Mal ist er als sonnenreflektiertes Massiv abgebildet, ein anderes Mal als mystischer Berg, der sich in einen tiefen Schleier aus Nebel hüllt.

Samuel Zuders „Face to Faith“ fordert die Einlassung des Betrachters. Dafür wird er belohnt. Nur zu gerne versenkt man sich in den sakralen Landschaftspanoramen oder in den Antlitzen derjenigen, die für ihren spirituellen Auftrag alle Mühen auf sich nehmen. Und es ist ein bisschen, als könnten wir in die Tiefe ihres Wesens schauen. Ist da Erleuchtung? Was auch immer – es strahlt in diesem Moment auf uns ab.

Die erste Auflage ist mittlerweile vergriffen, eine zweite geplant. Für den, der ein weniger tiefer in die Tasche greifen mag, könnte die Special Edition eine gute Alternative sein: Buch mit signiertem Print auf Barytpapier, 50 x 70 cm. Alle Infos zum Buch bzw. der Edition findet man hier: http://www.facetofaith-kailash.com

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.